Lesen Sie meine zum Antrag der Fraktionen DIE LINKE, der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen „Öffentlich geförderte Beschäftigung und Teilhabe der Langzeitarbeitslosen am Erwerbsleben in Thüringen“ und der CDU Fraktion „Landesarbeitsmarktprogramm evaluieren – Langzeitarbeitslose nachhaltig unterstützen" vom 09.07.2015
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion! Ich freue mich wirklich, dass wir offensichtlich zumindest bei der Analyse des Arbeitsmarkts inzwischen an einer ähnlichen Position angekommen sind. Wenn wir es noch schaffen, bei den Rückschlüssen, die wir daraus ziehen müssen, einen großen Konsens hinzukriegen, dann wäre das für die Arbeitsmarktpolitik in Thüringen sehr erfreulich und es würde jetzt auch nicht so überraschen, weil wir ja Bereiche haben, wenn wir über den Mindestlohn reden oder so, wo wir auch lange darum gefochten haben, dass die CDU dem zustimmt und jetzt quasi gern eine der Mütter des Mindestlohns wäre. Ich bin ganz zuversichtlich, dass Sie eines Tages auch noch relativ eindeutig sagen, ob Sie jetzt für oder gegen das Landesarbeitsmarktprogramm sind, denn das ist meiner Meinung nach sowohl bei den Reden bisher als auch aus dem Antrag nicht ganz eindeutig hervorgegangen. Ich weiß nicht, ob es Ihnen einfach nur schwerfällt zuzuhören. Wenn Sie eine Zwischenfrage haben, gehen Sie vor, ich beantworte die jederzeit. Wenn wir uns die Arbeitsmarktsituation ansehen – deswegen kann ich das auch verstehen, dass man da vielleicht irritiert ist –, dann es ist natürlich so, dass die in Thüringen relativ gut ist. Wir haben eine niedrige Arbeitslosenquote mit 7 Prozent, die liegt deutlich unter dem ostdeutschen Durchschnitt, nur noch marginal über dem Bund. Gleichzeitig haben wir einen steigenden Fachkräftebedarf, wir brauchen bis zum Jahr 2025 280.000 zusätzliche Fachkräfte. Trotzdem haben wir – das haben wir auch schon gehört – einen konstant hohen Anteil von Langzeitarbeitslosen und zum Beispiel auch von über 50-jährigen Erwerbslosen, die es eben schwer haben und die offensichtlich von dem Aufschwung, den wir am Arbeitsmarkt erleben, nicht im selben Umfang profitieren. Diese Zahlen zeigen, dass wir nach wie vor eine aktive Arbeitsmarktpolitik im Land brauchen. Unser Ziel als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist natürlich immer erst einmal zu sagen, wir wollen in den ersten Arbeitsmarkt vermitteln, nicht nur weil es Lebensunterhalt sichert, sondern auch, weil es gesellschaftliche Teilhabe darstellt. In diesem Ziel hat sich das Landesarbeitsmarktprogramm tatsächlich bewährt. Da kann man nicht nur die Zahlen aus dem Jahr 2013 zitieren, sondern man kann auch die Zahlen, die bis Mitte 2014 veröffentlicht sind, mal ansehen. Da sind in den vier Jahren mehr als 15.000 Menschen betreut und davon fast 7.000 in Ausbildung und Arbeit vermittelt worden. Jetzt kann man darüber diskutieren, ob eine Quote von knapp 30 Prozent zu niedrig ist. Ich kenne die Debatten, das haben wir auf kommunaler Ebene ja auch häufig. Die Erfolgsquoten solcher Programme sind selten höher. Das hat auch damit zu tun, dass wir sagen: Wir wollen natürlich, dass das qualitativ auch Maßstäbe sind, dass es eben tatsächlich Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt sind und nicht nur irgendwelche Programme oder Projekte, in denen zum Beispiel Bewerbungsunterlagen geschrieben werden. Nichtsdestotrotz reagieren wir natürlich auf neue Herausforderungen, die sich uns stellen, auch im Landesarbeitsmarktprogramm. Das heißt, wenn wir bei einer Weiterentwicklung des Arbeitsmarktprogramms sind, wollen wir zum Beispiel darüber reden: Wie kann man auch Flüchtlinge integrieren? Wie können wir Alleinerziehende stärker berücksichtigen? Wie können wir über 50-Jährige stärker in die Förderung einbeziehen? Weil es eben nicht nur um die Frage der Zahlen geht, sondern auch um die Frage, wie dauerhaft, wie langfristig sind sie, auf welche Arbeitsplätze vermittle ich sie. Das sind Zielgruppen, bei denen wir noch mal härter arbeiten müssen. Ich glaube, wenn man einen Blick auf die knapp 80.000 Menschen wirft, die in Thüringen noch ohne Arbeit sind, und wenn die lesen, dass aufgrund des Landesarbeitsmarktprogramms, das auch noch grundsätzlich zu hinterfragen ist – und so steht es im Antrag –, denen muss das tatsächlich wie Hohn vorkommen, wenn sie gleichzeitig hören, dass Sie immer wieder betonen, wie wichtig Arbeit ist, wie schwierig es für Menschen ist, Arbeit zu finden. Da muss ich sagen, da bin ich einfach unsicher – mir ist nicht klar, wie man von dieser Analyse zu so einem Rückschluss kommen kann. Das Landesarbeitsmarktprogramm ist für uns aber arbeitsmarktpolitisch nur eine Säule. Wir haben auch den öffentlichen Beschäftigungssektor – das ist ein neues Programm, das die Koalition jetzt eingebracht hat. Das ist natürlich auch ein Stück weit Reaktion auf die spezielle Arbeitsmarktsituation hier im Osten. Wir haben viele gebrochene Erwerbsbiografien, wir haben viele Menschen, die nicht mehr in den Berufen arbeiten können, in denen sie ausgebildet wurden und die es langfristig – also in den vergangenen 25 Jahren – immer wieder schwer hatten, auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen, und die auch tatsächlich – mittelfristig zumindest – keine Chance haben, überhaupt einen Fuß in den ersten Arbeitsmarkt zu bekommen. Das ist jetzt keine ganz neue Idee, die diskutieren wir nicht. Zum einen gibt es das schon relativ lange, zum anderen gab es in der Vergangenheit auch ähnliche Projekte, wie zum Beispiel Bürgerarbeit. Das, was sich für uns aber unterscheidet, ist die Frage, dass wir sagen: Wir wollen, dass es eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist, wir wollen, dass die Menschen von der Arbeit tatsächlich auch leben können, wir wollen, dass das freiwillig gemacht wird und wir tatsächlich diesen Aspekt von gesellschaftlicher Teilhabe auch berücksichtigen. Wir haben schon gehört, dass wir das natürlich gern anders finanziert hätten – über den Passiv-Aktiv-Transfer, wenn es die Möglichkeit gäbe, das über den Bund noch stärker zu fördern. Vielleicht können Sie sich auch noch mal bei Ihrem Bundesfinanzminister dafür einsetzen, das würde es für uns als Land wesentlich preiswerter machen, da könnten wir sicherlich noch mehr bewegen. Der Herausforderungen, die ich hier noch mal dargestellt habe, nehmen wir uns als Koalition einfach an. Ich bin mir bei der CDU – wie gesagt – manchmal nicht ganz sicher, weil ich glaube, dass die 20 Jahre arbeitsmarktpolitischer Stillstand, die wir hier erlebt haben, und die Phasen, in denen die Arbeitslosenquote noch wesentlich höher war und in denen sich die CDU nicht darum gekümmert hat, dass es auch arbeitsmarktpolitische Instrumente des Landes gibt. Ja, die Arbeitslosenzahlen haben sich eben deutlich besser entwickelt. In den vergangenen fünf Jahren sind sie auch deswegen gesunken, weil das Arbeitsministerium von zwei Sozialdemokraten geführt wird. Ich wollte noch mal sagen, wir nehmen uns der Herausforderungen, die wir arbeitsmarktpolitisch haben, an. Wir würden was für die Menschen hier im Land machen, wollen zeigen, dass sie eine Chance haben sollen, sich auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren, und auch tatsächlich die Möglichkeit auf Teilhabe und ein Leben mit Arbeit haben.
Vielen herzlichen Dank.